Die Digitalisierung bietet jede Menge Möglichkeiten, Geschäftsprozesse effektiver zu gestalten und damit Zeit, Geld und Ressourcen zu sparen. Eine zentrale Komponente für viele Unternehmen ist dabei EDI. Der “Electronic Data Interchange” bezeichnet den elektronischen Austausch von Geschäftsdaten, und zwar ohne menschliches Zutun vollautomatisch entlang der gesamten Prozesskette (Supply-Chain).
Wie funktioniert EDI?
Am Beispiel eines alltäglichen Einkaufs kann man dies einfach verdeutlichen. Wenn Sie im Supermarkt einen Joghurt kaufen, wird kaum jemand abends im Büro sitzen und zusammenstellen, wie viele Becher welcher Joghurtsorte abverkauft wurden und nachbestellt werden müssen. Dies ist sicherlich im System des Markts hinterlegt.
Ab dem Zeitpunkt, wo das Produkt über die Scannerkasse gezogen wird, beginnt EDI. Alle abverkauften Artikel werden in der Supermarktzentrale gebündelt und es geht eine elektronische Bestellung direkt zum Hersteller. In dessen ERP-System (Enterprise Ressource Planning System, z. B. SAP, Movex, aptean, Infor, Perform, Baan, Oracle, ….) werden automatisch die benötigten Zutaten (Milch, Obst, Becher etc.) als Bestellungen generiert. Auch von diesem Hersteller gehen automatisch Bestellungen zum nächsten Lieferanten, wo das gleiche Spiel wieder abläuft. Und so wird quasi die ganze Supply-Chain (Lieferkette) in Bewegung gesetzt.
EDI Basics
Was sind aber die Grundlagen, die man wissen muss, damit das Ganze auch funktioniert? Schließlich ist jedes Unternehmen unterschiedlich organisiert und arbeitet mit seinen eigenen Systemen. Damit die Kommunikation zwischen verschiedenen Unternehmen und ihren EDI-Systemen reibungslos abläuft, sind einige zentrale Punkte zu beachten.
Klare Definition der Inhalte
Entscheidend ist, dass EDI-Prozesse wohl definiert sind. Das bedeutet, es gibt klare inhaltliche und strukturelle Vorgaben darüber, was, wie, wann und welcher Form von wem an wen übertragen wird. Hier sollte man sich im Klaren darüber sein, dass EDI mindestens 80 % Organisation und nur 20 % Technologie ist. Dies bedeutet, dass man seine Prozesse glasklar definiert haben muss und vor allem, dass ein reiner Technologielieferant bei der Umsetzung nur wenig hilfreich ist. Das Know-how und entsprechende Erfahrung sind bei der erfolgreichen Umsetzung von EDI unerlässlich.
Übertragen wir dies nun auf die genannte Nachbestellung von Joghurt, so wird deutlich, dass geregelt sein muss, wie der Supermarkt dem Hersteller mitteilt, was er bestellen möchte. Im konkreten Beispiel dürfte dies die Artikelnummer sein, wahrscheinlich als GTIN (Global Trade Item Number), also eine internationale Artikelnummer, die genau dieses Produkt beschreibt.
Ein grundlegendes Muss sind also die Stammdaten, die zwischen beiden Partnern definiert sein müssen. So wird unter Umständen nicht jeder mit der GTIN arbeiten, sondern auch seine eigenen internen Artikelnummern verwenden. Damit ist eine Artikelnummer des Endprodukts nicht über die gesamte Supply-Chain eindeutig, sondern kann sich entlang der Lieferkette verändern oder splitten – wenn der Hersteller zum Beispiel Becher nachbestellen muss, in die der Joghurt später abgefüllt wird, haben diese sicher eine andere Artikelnummer.
Qualifizierte Datenstruktur
Ein weiterer Punkt, der geregelt werden muss, ist die Art und Weise, wie die Daten übertragen werden. Gegenüber einer manuellen Bestellung (z. B. via Fax, Mail etc.) werden diese ja von Maschinen gelesen und übersetzt. Dies hat zur Folge, dass die übertragenen Informationen qualifiziert übergeben werden, also in Form von definierten Codes. Sicherlich gibt es auch textliche Informationen, die übergeben werden können, klar ist aber, dass diese keinesfalls einen steuernden Charakter innerhalb der Datenverarbeitung haben können. Eine Information wie „Anlieferung erst ab dem 22.Oktober wieder möglich“ sollte nicht im Text „versteckt“ sein, sondern muss in den genormten Daten (z. B. im Qualifier „frühestes Lieferdatum“) enthalten sein, damit sie auch sicher vom Empfänger-System erkannt wird.
Kommunikation in beide Richtungen
Ebenso wie die Bestellungen durch die Supply-Chain bis zum letzten Teilnehmer laufen, gehen die Folgenachrichten auch wieder zurück. Denn für jede Bestellung wird es eine Bestellbestätigung, einen Lieferschein und auch eine Rechnung geben. Auch diese Belege laufen vollautomatisch durch die verschiedenen Systeme.
Vorteile von EDI
EDI gibt es schon seit vielen Jahrzehnten und es ist nach wie vor die Basis für jedwede externe Digitalisierung. Die Vorteile diese Technologie liegen auf der Hand. Zu Beginn lag der Fokus ganz klar auf der Vermeidung von Lagerplätzen, denn es ist sehr teuer, ein Lager vorzuhalten. Durch die Einführung von EDI vor mehr als 40 Jahren in der Automobilindustrie konnten massiv Kosten eingespart werden. Hierdurch wurde erreicht, dass quasi alle Lieferanten in der Prozesskette gleichzeitig angefangen haben, die Teilkomponenten für das Endprodukt zu fertig. Dies wird mit dem Begriff Just-in-time beschrieben. Gemeint damit ist, dass der Zulieferer sein Teil exakt dann liefert, wenn es in der Produktion benötigt wird.
Die Erkenntnisse der letzten Jahre haben aber auch gezeigt, dass solche global eng verzahnten Lieferketten ein hohes Risiko für Störungen enthalten. Der daraus resultierende Trend, dass Unternehmen sich für ihre Produktion wieder bevorraten, steht der ursprünglichen Einführung von EDI zwar entgegen, lässt den Vorteil von EDI, Zeit und Geld zu sparen, aber nicht schwinden. Ein Unternehmen, welches heute noch ohne EDI arbeitet, wird zukünftig im Markt nicht mehr ausreichend agieren können und die Digitalisierung verpassen. Denn digitalisieren bedeutet nicht nur, in der eigenen Struktur digital zu arbeiten, sondern vor allem durch die Nutzung digitalisierter Prozesse einen deutlichen Vorteil in der Abwicklung zu haben und auch aus den gewonnen Informationen Vorteile für Prozesse zu gewinnen.
Warum aber spart EDI Geld und Zeit? Alleine der Aufwand, um eine manuelle Bestellung (Mail, Fax, etc.) in einem ERP-System zu erfassen, kostet Zeit und ist fehlerbehaftet. Ebenso ist die Abhängigkeit von Personalressourcen immer gegeben. Hier spielt nicht nur eine Rolle, dass eine Person einmal nicht verfügbar ist (z. B. wegen Krankheit oder Urlaub), sondern auch das Thema Fachkräftemangel.
Die größten Vorteile von EDI sind:
- schnellere und fehlerfreie Verarbeitung
- Ressourcen können für sinnvollere Aufgaben genutzt werden
- eine höhere Kundenbindung
- geringere Lagerkosten
- Einsparung von Papier, Toner etc.
EDI erfolgreich einführen
Die Frage ist nun, was ist zu tun, um EDI erfolgreich zu nutzen? Unternehmen agieren unterschiedlich, nutzen unterschiedliche Systeme und haben unterschiedliche Abläufe und Prioritäten. Ein Hersteller aus der Food-Branche hat ganz andere Anforderungen als ein metallverarbeitender Betrieb.
Daher werden zwischen die beiden Systeme vom Absender und Empfänger sogenannte e-Business-Systeme, früher auch EDI-Konverter genannt, geschaltet. Hier werden die Nutzdaten in eine definierte und oftmals standardisierte Form überführt und über verschiedene Kommunikationswege übertragen. Die genutzten Formate könnte man sich als unterschiedliche Sprachen vorstellen und das e-Business System als Dolmetscher. Die zwischen den verschiedenen Dolmetschern genutzte Sprache sind genormt und somit weltweit nutzbar. Typische Sprachen für den elektronischen Datenaustausch sind EDIFACT, ANSI X.12, VDA, Tradacom, Odette, eBXML, etc. Hierbei gibt es Sprachen, die hauptsächlich in bestimmten Branchen genutzt werden und andere, die branchenübergreifend sind.
Führt man einen EDI-Prozesse mit einem Partner ein, dann bildet man elektronisch quasi eine verlängerte Werkbank ab. Dabei sollte klar sein, dass es dann mit diesem Partner eine langjährige Zusammenarbeit geben wird. EDI macht für Eintagsfliegen keinen Sinn, hierfür gibt es andere Konzepte, die zwar auch auf EDI-Basisstrukturen beruhen, aber durch Web- oder Portalkomponenten erweitert sind.
Die Voraussetzungen für den sinnvollen Einsatz von EDI sind:
- es werden Prozesse abgebildet, die ein hohes Volumen an Transaktionen haben
- mit den Partnern wird eine langfristige Zusammenarbeit angestrebt
- die Supply-Chain-Prozesse sind sauber definiert.
Die Auswahl des passenden EDI-Systems
Obwohl EDI schon viele Jahrzehnte genutzt wird, ist oftmals das Wissen um die wichtigsten Punkte bei der Einführung im Markt nur unzureichend vorhanden, und zwar unabhängig von der Unternehmensgröße. Daher gilt auch hier ganz massiv „Erfahrung ist durch nichts zu ersetzen“.
Bevor Sie sich also für ein EDI-System entscheiden, sprechen Sie mit Spezialisten aus diesem Bereich, die Ihr spezielles Umfeld ausreichend beleuchten und mit Ihnen eine e-Business-Strategie entwerfen. Denn EDI beginnt irgendwann in jedem Unternehmen, es endet aber in der Regel nicht. Ein stabiles Fundament ist also die Basis für alle zukünftigen Anforderungen.
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